In der Malerei von Elisabeth Naomi Reuter spielt das Literaturbild eine besondere Rolle – sie arbeitet seit langem an Zyklen zu Texten von Franz Kafka, Gertrud Kolmar, Edmond Jabès, Paul Celan. Weitere Autoren werden folgen. Diese Schriftsteller verbindet eine besondere Kraft und Bildhaftigkeit der Sprache, eine Eigentümlichkeit der Fantasie, aber auch etwas Kryptisches und Verschlossenes. Das lässt ihr viel Raum für eigenen Deutungen.

Reuter setzt sich dabei vor allem mit Werk und Person Franz Kafkas auseinander. Es gibt zurzeit etwa 50 Bilder zu Kafkas Texten. Wie Dr. Ekkehard Haring im Online Handbuch "Kafka-Atlas" schreibt, zeichnet Reuter "in ihren Kafka-Zyklen ein sehr facettenreiches Bild des Prager Autors, das sich nicht auf thematische oder motivische Variation beschränkt, sondern in vielen Details überrascht und zu genauer Betrachtung auffordert."

Von der Technik und Ästhetik her arbeitet Reuter im Stil der Neuen Sachlichkeit oder auch des Magischen Realismus, mit einer poetischen und zugleich nüchternen Bildersprache. In ihrem Werk entwickelt sie eine ganz eigene Monochromie – mit irisierenden Abstufungen und Schattierungen, die in der Konzentration auf bestimmte Farbbereiche eine besondere Tiefenwirkung erreicht. Ihre bildnerischen Aussagen sind dabei konkret ablesbar, wenn auch vielfältig deutbar.

Ein weiterer wichtiger Bereich für Reuters Kunst ist das Judentum. Daraus entwickelte sich die essentielle Frage, ob und wie das Unsagbare und die Unvorstellbarkeit der Shoa mit bildnerischen Mitteln umgesetzt werden kann. In ihren Arbeiten zu diesem Thema zeigt sie den Verlust, das Fehlen, die Leere, die Abwesenheit, das Unsagbare.

In Mittelpunkt der Bilder steht der Mensch. Dabei sind für Reuter Themen wie "Gescheiterte Lebensentwürfe, Deformationen, Zerstörung, Einsamkeit, Gewalt und Sprachlosigkeit" von besonderer Bedeutung. Die Arbeiten sind immer wieder auch politisch zu nennen.

Alle Bilder greifen in bestimmten Bereichen ineinander, zeigen Parallelen, zeigen verschiedene Facetten des Hauptthemas, wie immer wieder neue Variationen einer Komposition. Es gibt fast immer einen Realitätsbezug, Reuter braucht die erlebte und die "gesehene Welt". In ihr setzt sie sich mit dem Fundament der Wirklichkeit auseinander.